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AFB-Erfahrungsbericht

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Als betroffene Hobby-Imkerin im Kreis Lippe, teile ich an dieser Stelle meine Erfahrungen mit der Amerikanischen Faulbrut.

Die Amerikanische Faulbrut ist unter Bienenvölkern der ganzen Welt verbreitet. Die Krankheit kommt, anders als der Name vermuten lässt, nicht aus Amerika. Sie wurde dort lediglich Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt – der Erreger war schon immer in Europa verbreitet.
Die AFB ist eine Brutkrankheit und wird durch das sporenbildende Bakterium Paenibacillus larvae verursacht. Nur junge Larven infizieren sich durch orale Aufnahme von P. larvae Sporen, adulte Bienen sind immun. Die aufgenommenen Sporen keimen aus, vermehren sich im Mitteldarm der Larve und durchbrechen schließlich die Darmwand, was zum Tod der Larve führt. Es kommt zu einem Ungleichgewicht von Arbeitsbiene und Brut, unter Umständen zum Absterben des Volkes führt.

Ich bin Maja.
Freizeitimkerin seit 2014. Ich interessiere mich für die vielfältigen Themen rund um die Honigbiene, wie Lebensmittelhygiene, Bienengesundheit, Wespen und Hornissen, Bienenweide, Königinnenvermehrung, kreative Wachsverarbeitung um nur einige zu nennen.
Mein Hausstand befindet sich in mäßig trachtreicher Gemeinde mit feinstem Sennesand am Fuß des Teutoburger Waldes.

Die alljährliche Futterkranzprobe
Proben von Bienenfutter aus dem brutnestnahen Bereich der Waben ist geeignet, frühzeitig Hinweise auf einen möglichen späteren Ausbruch der Amerikanischen Faulbrut zu geben. Eine Futterkranzprobe wird von maximal 6 Völkern von einem Bienenstand gezogen. Bei mehr als sechs Völkern oder einem weiteren Stand sind weitere Proben nötig. Die Untersuchung erfolgt kostenpflichtig in einem Labor nach Wahl. Für die Wanderung oder den Verkauf von Völkern kann mit dem negativen Laborbefund, eine Seuchenfreiheitsbescheinigung vom zuständigen Kreisveterinäramt ausgestellt werden.
Jedes Jahr bitte ich einen BSV um Entnahme von Futterkranzproben. Hier geht es mir nicht vorrangig um die Erstellung eines Gesundheitszeugnisses, sondern darum zu wissen, dass die Tiere gesund sind.
So auch im April 2020. Unsere BSV nimmt die Völker in Augenschein und zieht Proben. Alles scheint gut, wie auch die Jahre zuvor. Bis ich vier Wochen später einen Anruf der Veterinärbehörde erhalte. „Frau Sielemann ich habe eine schlechte Nachricht für Sie…“. Ein unschöner Moment für wohl jeden Betroffenen. Meine Sammelprobe weist einen positiven Befund auf. Einen Tag später, per Post, halte auch ich das Untersuchungsergebnis aus dem Labor in Händen. „Was für ein Dreck!“, O-Ton eines Kollegen.

Die Suche nach klinischen Symptomen
Am 13. Mai 2020 erfolgt mit BSV und Kreisveterinär die genaue Kontrolle aller meiner Völker auf der Suche nach einem klinischen Befund. Und tatsächlich, während die anderen Völker augenscheinlich unauffällig sind, zeigt eines die typischen Symptome der Amerikanischen Faulbrut, löchriges Brutnest, eingesunkene und löchrige Zelldeckel und auch fadenziehende Masse in der verdeckelten Zelle das spezifische Symptom für die AFB.
BSV und Veterinär zeigen sich nahezu erfreut über den Zustand dieses Volkes. Ich muss mir erst erklären lassen, dass es ohne diesen deutlichen klinischen Befund nicht möglich ist einen Sperrbezirk einzurichten und die umliegenden Völker zu beproben. Natürlich verstehe ich den Sachverhalt, dennoch hält sich meine Begeisterung in Grenzen.
Werden tote Larven von Ammenbienen nicht entfernt, zersetzen sie sich in der verdeckelten Brutzelle. Später trocknen sie zu einem festen, dunklen, hochinfektiösen Schorf auf der unteren Zellrinne aus, der nur schwer von den Arbeitsbienen beseitigt werden kann. In dem Schorf sind Millionen von Sporen enthalten die zu einer schnellen Ausbreitung der Seuche führen, wenn die Krankheit nicht frühzeitig erkannt wird.
Es werden Einzelproben meiner Völker entnommen und die Abtötung des klinisch kranken Volks angeordnet. Mündlich. Pragmatisch. Kommunikativ. In schriftlicher Form erhalte ich die Anordnungen erst in einigen Wochen.

Das Sperrgebiet
Nur zwei Tage später erscheint die Allgemeinverfügung über die amtliche Feststellung der Amerikanischen Faulbrut mit der Festlegung der Grenzen des Sperrgebietes im Kreis Lippe.
Alle Imker und Imkerinnen hier haben sich an die nun geltenden Regeln zu halten. Einfach gesagt „nix rein, nix raus“. Das gleiche gilt für den Bienenstand „nix hin, nix weg“. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber hierüber kann und darf ausschließlich das zuständige Amt entscheiden. Reden hilft.

Ja, auch Bienen werden gekeult
Am 15. Mai 2020 unter Aufsicht und Mithilfe von BSV schwefeln wir das Volk ab. Da man in der Krise auch das Gute sehen muss, betrachten wir das vorliegende Material ganz genau, um im wiederholten Fall die Krankheit erkennen zu können.



Ordnungsgemäß mit Schutzbekleidung wird jegliches Wabenmaterial sorgsam bienendicht verpackt. Die Beschreibung Michelin-Mädchen trifft ganz gut zu. Das Seuchenmaterial bringe ich, nach Terminvereinbarung durch den zuständigen Kreisveterinär, zur Müllverbrennungsanlage Bielefeld zur fachgerechten Entsorgung.
Bereits am 25. Mai 2020 liegt das Labor-Ergebnis der Einzel-Beprobung vor. Alle Völker haben einen positiven, für mich eher negativen, Befund. Zum Schutz vor Ausbreitung, unter Berücksichtigung der relativ hohen Anzahl von Bienenständen im Sperrbezirk wird die Tötung der erkrankten Völker angeordnet. Noch am selben Tag in den Abendstunden erfolgt die Umsetzung. Brutwaben, Honigwaben, tote Bienen auch ausgebaute Rähmchen und Futterwaben aus dem Lager nebst gebrauchten Rähmchen werden sorgfältig verpackt und nach erneuter Terminabsprache zur
Müllverbrennungsanlage gebracht. Der Honig ist leider noch nicht erntereif, so dass ich mich auch davon schweren Herzens trennen muss.
Enthält ein Honig Sporen des Bakteriums Paenibacillus larvae, kann sich der Erreger auch auf diesem Wege verbreiten. Für Verbraucher ist das völlig unbedenklich. Bienen können sich aber anstecken, sobald sie mit dem Honig in Kontakt kommen. Darum füttert Insekten mit der Anpflanzung und Saat von bienenfreundlichen Pflanzen aber niemals mit Honig.
Erst später, nach vielen weiteren untersuchten Futterkranzproben, wird das Ausmaß der bereits erkrankten Völker im Sperrgebiet deutlich. Man kann sie nicht alle töten.

Reinigung und Desinfektion
Anfang Juni kann ich erstmals das BIG-Mobil der Tierseuchenkasse leihen. Auch darum kümmert sich unser Veterinär. Alles, wirklich jedes jemals in meiner Imkerei benutzte Teil wird vorgeholt, damit es sorgfältig im großen Waschbottich, gereinigt und desinfiziert werden kann. Gefüllt ist dieser mit 5%iger Natronlauge, so schreiben es die Verwaltungsvorschriften zur Bienenseuchen-Verordnung vor. Sporen von Paenibacillus larvae sind sehr widerstandsfähig und können bis zu 30 Jahre und länger überleben.

Das BIG-Mobil ist gut aber nicht umfänglich ausgestattet: Drei Waschbottiche mit Brennern, NaOH, Hochdruckreiniger, Eimer, Messbecher…, Schutzbekleidung wie Schürzen, Gesichtschutz und Langärmelige Handschuhe, diese sollten unbedingt vor Gebrauch auf Dichtigkeit untersucht werden. Wir tragen zusätzlich chemikalienfeste Handschuhe in passender Größe darunter, dazu eigene Gummistiefel, Arbeitsbekleidung und Schutzbrille. Es findet sich ein Verbandskasten und Augenspülflaschen. Dies wird zusammen mit einem sauberen Eimer mit klarem Wasser in guter Erreichbarkeit für den Notfall platziert.
Eine detaillierte Anleitung erhalte ich zusammen mit dem Leihvertrag der Tierseuchenkasse.
Ich sorge für ausreichend Gas zum Betreiben der Brenner und das Desinfizieren der Beuten durch Abflammen.

 
Ordentlich und sauber gepacktes BIG-Mobil. Genauso gibt man es nach der Nutzung auch wieder zurück.

Weitere betroffene Imker bringen an diesem Tag ihr Material her und nehmen es gereinigt wieder mit nach Haus. Auf unserem Hof sind alle Anforderungen an einen geeigneten Waschplatz vorhanden, wie Strom, Wasser, Gulli... und ausreichend Platz eine Waschstraße aufzubauen. Anliefern 🠖 Kratzen 🠖 Abflammen / Waschen 🠖 Spülen 🠖 Trocknen. Vom kontaminierten bis hin zum sauberen Bereich.
Angeleitet wird die Aktion von einem, vom Amt bestellten, BSV. Jedoch ist Eigenverantwortlichkeit der Helferlein, insbesondere beim Anlegen der Schutzbekleidung und auch beim gewissenhaften Betreiben des Waschbottichs gefragt.
Selbstverständlich darf „in der Waschstraße“ weder geraucht, noch gegessen und getrunken werden. Ein abseits gelegener Ort zur körperlichen Stärkung ist durchaus zur Motivation der Helfer dienlich.

Bürokratie
Neben der praktischen, körperlichen und seelischen Arbeit – ja, es muss einiges im Kopf verarbeitet werden, gehört auch Papierkram. Ein Hoch auf unseren verantwortlichen Kreisveterinär, der Anträge, Fristen, notwendige Belege und Formulare im Blick hat und keine Frage offenlässt.
Mein ausdrücklicher Dank an dieser Stelle!
Da ich meine Bienen pflichtgemäß in korrekter Zahl gemeldet und meine Beiträge an die Tierseuchenkasse jährlich gezahlt habe, erhalte ich Ende Juni 2020 die Bewilligung auf Entschädigung und Beihilfe.
Die ausgezahlte Summe deckt die Kosten für Völker, Leistungen der BSV, den Einsatz des BIG-Mobils, NaOH, Gas ohne Flasche, Entsorgungskosten von Bienen und Brut usw.
Nicht alle Materialien überstehen die kochende Lauge unbeschadet und müssen entsorgt werden wie z.B. Gitterböden und Auflageschienen aus Kunststoff. Einiges kann aufgrund seiner Beschaffenheit, wie manche Beutendeckel, Aluminiumteile, Besen und Bienenkörbe, nicht entseucht werden. Eine Erstattung und Beihilfe sind hierfür nicht vorgesehen. Der Imkereibedarfshandel freut sich über meine Neuanschaffungen.


Ein Handelsüblicher Besen, der für die Reinigung des Bottichs eingesetzt werden sollte.

In welchem Umfang ich neu durchstarte ist meine Entscheidung. Den wirtschaftlichen Schaden für eine Berufsimkerei mag ich mir nicht ausmalen.

Kranke Schwärme
Zwei, im Frühjahr gefangene, Schwärme sind bereits im Oktober 2020 auffällig und werden getötet. Es wird keine erneute Entschädigung beantragt. Kosten für die Entsorgung des angefallenen Wabenmaterials trage ich selbst. Nach dem Winter kann ich mein Seuchenmaterial, zusammen mit
einigen Imkern, deren Bienen aufgrund ungeklärter Ursache über den Winter verendet sind, mit dem BIG-Mobil reinigen. Auch hier kümmert sich der Veterinär unseres Kreises um alle Beteiligten.
Gute Vorbereitung des Arbeitsplatzes und klare (klärende) Absprachen zwischen Imkerin, BSV und Veterinär tragen zum guten Gelingen bei und nehmen der Aktion den Schrecken.

Große Freude und dennoch verhaltener Jubel
Nach unzähligen gezogenen Futterkranzproben, sanierten Völkern, getöteten Tieren, Desinfektionsaktionen und einigem Frust, sind alle Laborbefunde negativ.
Nach drei Jahren, am 18. April 2023 kann der Sperrbezirk aufgehoben werden. Mir bleiben Zweifel, ob alle Bienenhalter all ihr Material sachgemäß desinfiziert haben oder noch kontaminierte Beutenteile in Kellern oder Garagen stehen. Sind wirklich alle Bienenvölker im betroffenen Bereich gefunden?
Ich imkere vorsichtig und bedacht, fast ein bisschen paranoid. Es ist nicht die Ungewissheit ob, sondern wann die Seuche wieder in meine Imkerei findet.

Ich werde BSV
Nach Verschiebung des Termins, aufgrund der derzeitigen Corona-Situation, darf ich im Herbst 2021 an einem BSV-Lehrgang in Niedersachsen teilnehmen, primär um meinen Wissensdurst zu stillen. Die Schulung ist intensiv und praxisnah mit Schwerpunkt auf die Seuchenbekämpfung. Eigene Erfahrungen dürfen wir Teilnehmer bei einem Waschtag machen und halten am Ende unseren „Schein“ in den Händen.
2023 nehme ich, zusammen mit einem weiteren Imkerkollegen aus Lippe, am BSV-Lehrgang des Landesverbandes Westfälischer und Lippischer Imker und der Landwirtschaftskammer NRW in Münster teil. Wir lernen viel über die vielfältigen Bienenkrankheiten hervorgerufen durch Pilze, Viren, Bakterien, Amöben, äußerliche Faktoren und Fehler des Imkernden. Fachlich kompetente Referenten führen uns durch die Unterrichtseinheiten und beantworten geduldig all unsere Fragen. Wir lernen Krankheiten zu erkennen, falls möglich zu vermeiden und zu bekämpfen. Auch praktische Lerneinheiten an Bienen & Beuten, Mikroskop & Binokular, Waschbottich & Hochdruckreiniger kommen nicht zu kurz. Die vielseitige Schulung endet mit einer Prüfung zur Bienensachverständigen - nun auch in NRW.

Ich freue mich, Teil des BSV-Teams zu sein.

Bericht und Fotos von Maja Sielemann (2023)
© by Kreisimkerverein Lippe e.V.
Das Kleingedruckte:

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